Das LKA NRW hat die Aufgabe, kriminalwissenschaftliche und –technische Untersuchungen in Strafsachen durchzuführen und Gutachten für das Strafverfahren zu erstellen. Die Aufgabenzuweisung ergibt sich aus § 13 Abs. 2 Nr. 3 POG NRW.
Diese Aufgabe nimmt das LKA NRW durch seine Abteilung 5, das Kriminalwissenschaftliche und –technische Institut (KTI), wahr.
Das KTI
Hier arbeiten über 280 Mitarbeiter, darunter Biologen, Chemiker, Ingenieure verschiedener Fachrichtungen, Laborkräfte sowie speziell fortgebildete Kriminalwissenschaftlerinnen/-wissenschaftler, Kriminaltechnikerinnen/-techniker sowie Kriminalbeamtinnen/-beamte.
Das KTI zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Untersuchung von Spuren und Beweismitteln aus Strafverfahren fachübergreifend bearbeitet werden können. Dazu zählen besonders die Bearbeitung von DNA und daktyloskopischen Spuren. Die Mitarbeitenden untersuchen aber auch beispielsweise Schussspuren und Waffen, Betäubungsmittel, Textilien, Haarspuren, Materialspuren, Handschriften, Urkunden.
124 000 Einzelasservate jährlich
Der Motor des Instituts ist die Führungsstelle. Über ein spezielles Vorgangs- und Asservatensystem registriert und steuert sie zentral im Schnitt mehr als 43 000 Untersuchungsanträge aus den Kreispolizeibehörden und der Justiz. Von hier aus ist es möglich, den Weg jedes der jährlich eingehenden rund 124 000 Einzelasservate durch die verschiedenen Untersuchungsbereiche hinweg fortlaufend zu verfolgen und zu dokumentieren, sei es ein Mordwerkzeug, eine CD mit Tonaufnahmen oder eine Speichelprobe.
Akkreditierung des LKA NRW
Die gesetzlichen Aufgaben des Kriminalwissenschaftlichen und -technischen Instituts (KTI) erfordern die Einhaltung besonders hoher und stets gleichbleibender Qualitätsmaßstäbe. Aufgrund dieser Verpflichtung ist das KTI als Prüflaboratorium nach der internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2018 akkreditiert.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH ist die nationale Akkreditierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland. Sie hat dem LKA NRW die Kompetenz bescheinigt, Untersuchungen gemäß den in den Normen festgelegten Anforderungen durchzuführen. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist, Arbeitsprozesse lückenlos zu dokumentieren und nachvollziehbar zu machen. Ein hauptamtlicher Qualitätsmanager sowie mehrere Qualitätsmanagementbeauftragte sorgen stets dafür, dass beschriebene Standards eingehalten werden.
Betäubungsmittel
Auf dem Labortisch der Betäubungsmittel-Expertinnen/Experten landen BtM-verdächtige Pulver, Tabletten, Flüssigkeiten und Pflanzen. Sind es klassische Drogen oder neue psychoaktive Stoffe? Durch den Einsatz analytischer Verfahren, wie z. B. der Massenspektrometrie oder der NMR-Spektroskopie, gelingt es, BtM-Wirkstoffe und deren Gehalte zu bestimmen und Asservate so zu vergleichen, dass Händlerstrukturen aufgezeigt werden können. Zur Beweissicherung in illegalen Laboren und Cannabisplantagen unterstützt das Dezernat 51 die Kollegen vor Ort und greift dabei auf sein Knowhow zur illegalen BtM-Synthese und Cannabiskultivierung zurück. Wird das Einbringen von Gift, KO-Mitteln und Fremdstoffen in Lebensmittel oder Getränken vermutet, führen spezielle toxikologische Untersuchungen zum Ziel.
Schussspuren, Explosivstoffe, Brand, Elektrotechnik
Finden sich nach Schusswaffengebrauch am Schützen oder im Umfeld Schmauchspuren? Oder lassen sich Spuren bei Nahschüssen am Opfer nachweisen? Antworten suchen die Expertinnen/Experten des Bereiches Schusspuren, die u. a. mit Rasterelektronenmikroskopen auf Spurensuche gehen. Ob ein Stoff explosionsgefährlich ist, wie brisant und empfindlich er sich verhält, und inwieweit Substanzspuren nach einer Explosion Rückschlüsse auf das Tatmittel erlauben, wird im Bereich Explosivstoffe erforscht. Dort können die Fachleute auch Fragen zur Herstellung von Explosivstoffen beantworten.
Im Bereich Brand und Elektrotechnik gehen Spezialistinnen/Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen nach Bränden und Raumexplosionen zur Ursachenforschung auf Spurensuche am Tatort. In den Laboren bearbeiten sie chemische Fragestellungen, wie den Nachweis von brennbaren Flüssigkeiten, ebenso wie knifflige elektrotechnische Probleme, die nicht nur bei der Entstehung von Bränden, sondern auch nach elektrischen Unfällen zu lösen sind. Dabei setzen die Mitarbeitenden moderne Techniken wie die Computertomographie ein, um verborgene Spuren sichtbar zu machen.
Beweiswert: Die DNA-Analyse ist bereits seit Jahren ein wertvolles Instrument im Portfolio der forensischen Untersuchungsmethoden. Sie trägt immer wieder zur Aufklärung auch schwerster Straftaten bei. Hierzu werden nur sehr geringe Mengen biologischen Materials (z. B. Blut, Speichel, Hautschüppchen, etc.) benötigt, um auf molekulargenetischer Ebene eine spurenverursachende Person (z.B. Täter/Opfer/Zeuge) zu identifizieren. Mit Hilfe modernster wissenschaftlicher Methoden wird das Spurenmaterial detektiert, die DNA isoliert und daraus das sogenannte DNA-Identifizierungsmuster einer Person bestimmt. Die neuesten Analysemethoden erlauben sogar im begrenzten Maße Rückschlüsse auf das äußere Erscheinungsbild (wie z. B. Augen-, Haar- oder Hautfarbe) einer Person.
Faser-, Material-, Haar-, Botanik- und Erduntersuchungen
Ohne es selbst zu merken, verlieren Kleidungsstücke Fasern. Expertinnen/Experten des Dezernates 53 analysieren solche am Tatort gefundenen Fasern mikroskopisch und können so beispielsweise anhand von Faserspuren auf Airbags feststellen, ob eine tatverdächtige Person zum Unfallzeitpunkt Fahrerin/Fahrer eines bestimmten Pkw war.
War die Person am Tatort als die Glasscheibe eingeschlagen wurde? Oder wurde das Brecheisen beim Einbruch verwendet? Das sind Fragen, die die Fachleute des KTI durch kriminaltechnische Materialuntersuchungen an kleinsten Glas- und Lacksplittern beantworten.
Sie können auch bestimmen, ob die am Tatort gefundenen Haare von einem Menschen oder einem Tier stammen.
Ein Teil des Aufgabenspektrums bei der Botanik- und Erduntersuchungen ist es, Bodenproben- und Pflanzenpartikel zu bestimmen, um damit den Nachweis zu erbringen, dass sich ein Tatverdächtiger am Tatort aufgehalten hat.
Urkundenuntersuchung
Täter nutzen gefälschte Dokumente wie Führerscheine, Personalausweise und Pässe aus verschiedenen Gründen. Einer der häufigsten Gründe ist die Absicht, ihre wahre Identität zu verschleiern um illegale Aktivitäten nachzugehen, wie etwa Betrug, Diebstahl, illegale Einreise oder sogar Terrorismus. Dadurch versuchen die Täter, Kontrollen zu umgehen oder sich als jemand anderes auszugeben. Die Sachverständigen für Urkunden prüfen diese strittigen Dokumente auf ihre Echtheit.
Über die Aufklärung von Dokumentenfälschungen hinaus können auch Vergleichsuntersuchungen von Druckern mit Schriftstücken – wie beispielsweise bei Erpresserschreiben – durchgeführt werden. Mit Hilfe modernster Technik gelingt es den Sachverständigen, das Alter von handschriftlich mit Kugelschreibern gefertigten/unterzeichneten Dokumenten zu bestimmen, oder nicht (mehr) lesbare Eintragungen sichtbar zu machen.
Tatortvermessung, visuelle Fahndungshilfen, Bild- und Videoauswertung
Die 3D-Vermesssung mittels Laserscanner und Drohnenkameras ermöglicht es einen Tatort so darzustellen, wie er unmittelbar nach dem Eintreffen der Polizei war. Zukünftig können diese 3D-Modelle, sowie Tatrekonstruktionen, in der virtuellen Umgebung einer „VR-Cave“ betreten, und z. B. Tathandlung-, Schussrichtungs- oder Sichtfeldanalysen visualisiert werden. Zusätzlich kann aus vorhandenem Videomaterial die Größe des Täters bestimmt werden. Zur Tatortpräsentation vor Gericht erstellt das Dezernat 54 auf Wunsch eine 360Grad-Panoramatour.
Kann ein Zeuge einen Tatverdächtigen wiedererkennen, erstellen die Sachbearbeiterinnen/Sachbearbeiter der visuellen Fahndungshilfe ein digitales Phantombild. Weitere Aufgabengebiete sind: allgemeine Bildveränderungen, die Aufbereitung digitaler Leichenbilder zur Identifizierung unbekannter Leichen und das sogenannte Aging, in dem menschliche Alterungsprozesse visualisiert werden.
Die Mitarbeitenden der Bild- und Videotechnik digitalisieren analoges Video- und Bildmaterial und bereiten dies mit speziellen Softwareanwendungen zielgerichtet für weitere kriminalpolizeilichen Ermittlungsschritte auf. Durch die forensische Bild- und Videobearbeitung machen sie relevante Details, wie z.B. Personen oder Kfz-Kennzeichen, in den Aufnahmen erkennbar.
Waffen- und Formspuren
Ist die Munition, die Ermittler am Tatort gefunden haben, aus der Waffe des Tatverdächtigen verschossen worden? Und, passt der beim Verdächtigen gefundene Schraubendreher zu den Einbruchspuren am Tatort? Solche Fragen beantworten die Experten des Dezernates 55. Sie bewerten, ob es sich bei einem sichergestellten Gegenstand tatsächlich um eine Waffe handelt und ob Schlösser manipuliert wurden.
DNA-Spuren
Beweiskraft: Mit der DNA-Analyse können innerhalb kürzester Zeit Personen überführt oder entlastet werden. Selbst wenn keine konkreten Vergleichsspuren zur Verfügung stehen, kann die DNA-Analyse dank einer beim Bundeskriminalamt geführten, und im LKA für NRW administrierten bundesweiten DNA-Analyse-Datei (DAD), weitere Erkenntnisse bringen. So wurde die DAD beispielsweise einem Serienmörder zum Verhängnis, als er 2007 freiwillig nach einem Metalldiebstahl eine Speichelprobe abgab. Die ermittelte DNA stimmte mit einer Spur überein, die an einer 1984 ermordeten Frau sichergestellt worden war. Der Täter, der noch vier weitere Frauen getötet hatte, war den Ermittlern zuvor immer wieder durch das Netz gegangen, da er die Frauen zufällig ausgewählt hatte.
Fingerabdrücke
Seit mehr als 100 Jahren dienen daktyloskopische Spuren – Finger- und Handflächenabdrücke – der Identifizierung von Personen. Sie sind inzwischen auch gerichtlich anerkannt. Unsere Daktyloskopen liefern tatrelevante Personenhinweise und tragen oft entscheidend zu Tatklärungen bei. Mit Hilfe des Automatisierten Fingerabdruckidentifizierungssystems (AFIS) können Spuren international recherchiert und schnell den Verursachenden zugeordnet werden. Gemeinsam finden und sichern die Mitarbeitenden des Dezernates 56 die Spuren im Labor - mit modernsten Methoden und Geräten – und recherchieren über AFIS jährlich tausende Spuren aus ganz NRW.
Sprecher, Handschriften, Gesichtserkennung
Biometrische Merkmale sind individuell und einmalig, also vergleich- und identifizierbar. Hier setzen Sprecher- und Gesichtserkennung sowie der Handschriftenvergleich an – mit höchstem Beweiswert. Analytisches Sehen und Hören ist neben aktuellen technischen Messmethoden und -geräten entscheidend. Tonaufnahmen werden professionell aufbereitet und dem Stimmvergleich zugeführt, Schriftstücke genauestens unter die Lupe genommen - denn schon kleinste individuelle Merkmale in Sprache und Schrift reichen unseren geschulten Sachverständigen zur Bewertung und gutachterlichen Feststellung aus. Um Details geht es auch bei der Gesichtserkennung. Unsere geschulten Expertinnen/Experten gleichen bei Straftaten gefertigte Lichtbilder mit Tatverdächtigen oder dem Bestand einer bundesweiten Datenbank ab und identifizieren anhand der anatomischen Merkmale der Gesichter Delinquenten – gerichtlich anerkannt.