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KURS NRW - Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern in Nordrhein-Westfalen
Polizeiliche Ermittlungsarbeit erfolgt in der Regel nach einer Straftat, um den/die Täter zu ermitteln, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft und eine Verurteilung durch einen Richter zu ermöglichen.
Es gibt aber auch präventive (gefahrenabwehrende) Zuständigkeiten für die Kriminalpolizei. Dazu gehören seit 2010 auch die Aufgaben aus der Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (KURS).
LKA NRW

Komplexe Aufgabenstellung

Bei rückfallgefährdeten Sexualstraftätern ist der Polizei durch eine vorausgegangene Sexualstraftat und Verurteilung bekannt, zu welchen Straftaten der Verurteilte fähig ist. Nachdem seine Haftstrafe oder Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beendet ist, wird der Häftling oder Patient in die Freiheit entlassen. Damit haben diese Verurteilten ihre Strafe verbüßt und sind freie Bürger. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass von ihnen eine erhöhte Rückfallgefahr für neue Sexualstraftaten ausgehen kann.

Die Öffentlichkeit erwartet mit Blick auf die mit einem Rückfall verbundenen schweren Folgen, dass das Risiko für neue Sexualstraftaten so gering wie möglich gehalten wird. Um diesem berechtigten Bedürfnis nach Schutz nachzukommen, wurde durch das Justizministerium des Landes NRW unter Beteiligung des Innenministeriums (Polizei) und des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Forensik) die Konzeption KURS NRW entwickelt. Diese Konzeption stellt eine Zusammenarbeitsvereinbarung aller in Frage kommenden Behörden dar, ergänzt die Maßnahmen der Führungsaufsicht und regelt den möglichst frühen Informationsaustausch und die enge Zusammenarbeit zwischen Führungsaufsichtsstelle, Bewährungshilfe, Staatsanwaltschaft und der Polizei. Neben den justiziellen Aktivitäten der Führungsaufsicht, die auf Resozialisierung, gesellschaftliche Integration, therapeutische Nachsorge und Kontrolle ausgerichtet sind, unterstützt die Polizei durch eigene Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und leitet im Einzelfall auch strafrechtliche Ermittlungen ein.

Vor dem Entlassungstermin des Betroffenen hat die zuständige Strafvollstreckungskammer einen Führungsaufsichtsbeschluss erlassen, der spezielle Weisungen (§ 68b StGB) für den KURS-Probanden beinhaltet, die ihn von bestimmten - das Risiko eines Rückfalls steigernden - Verhaltensweisen abhalten sollen. Die Einhaltung dieser Weisungen wird von der Führungsaufsicht und der Polizei überwacht. Verstöße gegen diese Weisungen können eine Straftat (§ 145a StGB) darstellen und führen zu neuen Ermittlungsverfahren führen.

Zentralstelle KURS

Die bei der Justiz (JVA, Staatsanwaltschaft, etc.) vorliegenden Informationen zu dem Verurteilten werden in der Zentralstelle KURS beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) - noch vor der Entlassung des zukünftigen KURS-Probanden - zusammengeführt.

Aus diesen Unterlagen wird eine individuelle Beurteilung des zu Entlassenden erarbeitet und der Kreispolizeibehörde zur Verfügung gestellt, in der der Betreffende wohnen wird. Durch Kontaktaufnahmen sowohl des zuständigen Bewährungshelfers (Justizbehörde) als auch der KURS-Ansprechpartner – Kriminalbeamte oder Kriminalbeamtin der zuständigen Kreispolizeibehörde - wird jedem KURS-Probanden verdeutlicht, dass man ihn weiter begleitet und ihn „im Auge“ behält.


Die KURS-Ansprechpartner in den Kreispolizeibehörden, die den unmittelbaren Kontakt zu den KURS-Probanden haben, werden bei ihrer Arbeit zu rechtlichen und taktischen Themen durch die Zentralstelle KURS des LKA NRW beraten und unterstützt. Im Rahmen anlassbezogener Fallkonferenzen, an denen sowohl Vertreter der Zentralstelle als auch die Vertreter aller beteiligten Institutionen und der örtlich zuständigen Polizei teilnehmen, werden aktuelle Entwicklungen der jeweiligen KURS-Probanden und die Reaktionsmöglichkeiten besprochen.
Der Umgang mit KURS bei der Polizei ist geprägt durch fortlaufende rechtliche Veränderungen, der hohen Verantwortung in jedem Einzelfall und der Vielzahl der Beteiligten, die im Rahmen dieser Konzeption zusammenwirken:


• 19 Landgerichtsbezirke (mit Staatsanwaltschaften, Führungsaufsichtsstellen und Strafvollstreckungskammern),
• über 30 Justizvollzugsanstalten,
• über ein Dutzend Maßregelvollzugseinrichtungen
• 47 Kreispolizeibehörden


Durchschnittlich werden in NRW ca. 1.000 KURS-Probanden zeitgleich für die Dauer ihrer Führungsaufsicht (in der Regel fünf Jahre) betreut, die sich auf alle Kreispolizeibehörden des Landes verteilen.

Fazit

Der standardisierte Informationsaustausch und die enge Zusammenarbeit zwischen LKA NRW,  Kreispolizeibehörden und Justiz gewährleisten, dass aus der Haft entlassene rückfallgefährdete Sexualstraftäter nicht in die Anonymität abtauchen, sondern in ein justizielles und polizeiliches Maßnahmenkonzept eingebettet sind, durch das sich kritisch auswirkende Veränderungen in der Lebensführung oder  Verhaltensänderungen frühzeitiger erkannt und entsprechende Maßnahmen veranlasst werden können.

Dadurch kann die Gefahr einer Rückfalltat gemindert, tatsächlich kann aber eine mögliche Rückfalltat nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
KURS NRW reduziert nachweislich die Gefahr von Rückfällen. Rückfallstudien gehen von einer einschlägigen (= Sexualdelikt) Rückfallquote bei Sexualstraftätern von ca. 20 % der Entlassenen aus. Da in NRW bei den Betroffenen der Konzeption KURS eine Rückfallquote von ca. 3 % belegt ist, kann dieses Konzept durchaus als erfolgreich bezeichnet werden.

 

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