Polizisten aus NRW in Nordgriechenland: Sicherung der EU-Außengrenze

FRONTEX-Einsatz
Polizisten aus NRW in Nordgriechenland: Sicherung der EU-Außengrenze
Kürzlich besuchte NRW-Innenminister Herbert Reul die deutsche FRONTEX-Mission zum Schutz der EU-Außengrenzen in Nordgriechenland. Polizistinnen und Polizisten aus NRW sind dort als »Border Surveillance Officer« im Einsatz.
Walter Liedtke, Streife-Redaktion

Die Ebene um den Grenzort Idomeni wird auch als »Flaschenhals Europas« bezeichnet. Im Tal ist die Grenze leichter zu überqueren als anderswo. Außerdem führt die wichtigste Bahnverbindung von Griechenland in den Norden durch diesen Ort. Deswegen passieren viele Menschen auf ihrer Flucht Idomeni. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle im Februar 2016 hat es hier gewaltsame Ausschreitungen gegeben. Aktuell erreichen immer noch Menschen die Grenze, entweder zu Fuß von Thessaloniki oder als illegale Mitfahrer auf Güterzügen. Am Bahnhof Idomeni springen sie ab und verstecken sich im Unterholz oder in leerstehenden Gebäuden. Ich erreiche den Ersten Polizeihauptkommissar Volker Stahl, Polizeioberkommissar Alexander Rankovic und Polizeihauptkommissarin Muna Mougawaz noch vor Ort während ihres zweimonatigen Einsatzes.

 

Menschen auf der Flucht

Muna Mougawaz begegnet täglich Menschen, die sich nach Mitteleuropa durchschlagen wollen und dafür große Strapazen auf sich nehmen: »Gestern hatten wir eine größere Gruppe, ausschließlich Syrer, das war in letzter Zeit sehr selten. Traurig war: Es waren auch einige Kinder dabei, das kleinste war ein halbes Jahr alt. Einer aus der Gruppe sprach sehr gut Englisch und sagte, sie schlafen seit vielen Tagen mit dem Baby im Wald.« Auf Widerstand oder Gegenwehr stoßen die NRW-Beamten selten: »Die Menschen sind ganz froh, wenn wir sie aufgreifen«, berichtet Mougawaz. Sie sind oft tagelang unterwegs, übernachten bei Wind und Wetter draußen, wissen nicht, wo sie etwas zu essen herbekommen sollen. Viele haben wund gelaufene Füße, nasse Schuhe oder dreckige Kleidung. »Bei uns bekommen sie ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen und zu trinken und Erste Hilfe. Sie können auch ihre Handys aufladen, um mit Angehörigen zu telefonieren«, so Mougawaz.

 

Körperlich fordernder Einsatz

Die Polizisten aus NRW unterstützen bei diesem Einsatz die Bundespolizei. Sie sind immer im Team mit einem Kollegen von der Bundespolizei und den griechischen Kollegen unterwegs und arbeiten im Wechseldienst tagsüber, aber auch nachts. Volker Stahl: »Nachts fahren FRONTEX-Kollegen aus anderen Ländern mit sogenannten »Thermovision«-Fahrzeugen, die mit Nachtsichtgeräten ausgerüstet sind, um die Menschen zu orten, die sich auf den Weg gemacht haben, und wir spüren die Menschen dann auf.« Bei dieser Arbeit wird voller Körpereinsatz benötigt: »Dann geht es nachts auch schon einmal einige Kilometer durch Weizenfelder oder Dornengestrüpp«, so Stahl. Wenn man sich einer Gruppe nähert und sie die Polizisten erkennen, laufen sie weg. Meist sind sie jedoch durch ihre Flucht erschöpft und werden recht schnell eingeholt. »Man kommt nach so einem Einsatz durchgeschwitzt und verdreckt zurück und vielleicht auch mit aufgekratzten Armen wegen des Dornengestrüpps.«

 

Sprachkenntnisse sind hilfreich

Alexander Rankovic helfen vor allem seine guten Sprachkenntnisse bei der Arbeit: Mein Vater kommt aus Serbien. Ich spreche neben Englisch auch fließend Serbisch und auch Griechisch. Ich kann sogar für die Griechen übersetzen, wenn wir mit den Kollegen in Nordmazedonien zu tun haben.« Die Auslandseinsätze sind für ihn eine wichtige berufliche Motivation: »Ich bin schon das dritte Mal hier. Für mich habe ich einen Aufgabenbereich gefunden, der mich sehr erfüllt, der eine gute Abwechslung zu meinem alltäglichen Aufgabenbereich in Düsseldorf ist. Es ist spannend, mit den Kollegen aus Litauen, Tschechien, Polen, den Niederlanden und anderen Ländern zusammenzuarbeiten.«, so Rankovic.

Auch seine Kollegin Muna Mougawaz profitiert bei diesem Einsatz von ihrem familiären Hintergrund: »Mein Vater ist Syrer und ich spreche neben Englisch auch ein paar Brocken Arabisch. Deshalb konnte ich gestern auch gut einschätzen, dass es wirklich Menschen aus Syrien waren, die wir aufgegriffen haben«, erläutert sie. Ihr bringen diese Auslandseinsätze auch persönlich etwas: »Wenn man einmal an einer EU-Außengrenze im Einsatz war, bekommt man einen ganz anderen Blick auf seinen eigenen Alltag. Man weiß dann erst einmal zu schätzen, wie gut es einem zuhause geht«, so Mougawaz. »Die Freiheit, sich frei bewegen zu dürfen – das gibt es in anderen Ländern nicht.«

 

Gut vorbereitet für den Einsatz

Die drei Einsatzkräfte aus NRW fühlen sich ihrer Aufgabe voll gewachsen und machen sie gern, erklärt Volker Stahl: »Wir sind auf den Einsatz gut vorbereitet worden, wir sind gut ausgestattet, wir tragen immer eine Schutzweste. Vor allem ist wichtig: Da arbeiten Polizisten des Bundes, aus NRW und Griechenland im Team. Mit der notwendigen Vorsicht und Eigensicherung ist die Lage gut zu bewältigen. Ein griechischer Kollege sagte mal: »One team, one family, one task.« Das trifft die Sache.«

 

NRW-Innenminister Herbert Reul: FRONTEX-Einsatz verstärken

Die EU-Agentur FRONTEX wurde 2004 gegründet. Sie sichert die EU-Außengrenzen. Mit Menschen und Material hilft sie außerdem operativ an den Grenzen der Mitgliedsstaaten, bekämpft dort Kriminalität und unterstützt bei Rückführungen. »Wir können nicht nur schlaue Worte darüber verlieren, dass die EU-Außengrenzen gesichert werden müssen, selbst aber nicht bereit sein, zu helfen«, sagte Innenminister Herbert Reul bei seinem Besuch in Nordgriechenland. Die nordrhein-westfälische Polizei unterstützt den Schutz der EU-Außengrenzen derzeit mit sieben Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Reul will die Zahl der Polizisten im FRONTEX-Einsatz verdoppeln: »Jeder, der geht, fehlt uns an allen Ecken und Enden, aber ich glaube, dass die Aufgabe wichtig ist und man im Ausland auch unendlich viel lernt.« Anders als viele andere Ausgaben der EU sei die FRONTEX-Mission »eine Investition, der die Bürger auch zustimmen, weil man sofort sieht, wie nötig das ist«, so Reul.

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110